Im Interview mit Maren Kogge

Mit Farbe und Vielfalt gegen Vorurteile: Malermeisterin Maren Kogge über Frauen im Handwerk und ihre Initiative „Buntes Handwerk“


Maren Kogge ist Handwerkerin aus Leidenschaft. Die 35-jährige Malermeisterin wurde im letzten Jahr zur Miss Handwerk 2023 gekürt und führt seit 2017 ihren Betrieb KAIN & KOGGE GmbH im bayerischen Amerang. Die gebürtige Hessin steckt ihre kreative Energie neben anspruchsvollen Gestaltungsarbeiten für ihre Kunden besonders in die Sensibilisierung für Vielfalt und Toleranz im Handwerk.

MEG: Maren, herzlichen Glückwunsch zur Auszeichnung als Miss Handwerk 2023! Als Malermeisterin und Initiatorin der Initiative „Buntes Handwerk“ setzt Du Dich aktiv für Diversität und Gleichberechtigung im Handwerk ein. Was hat Dich dazu motiviert, diese Initiative bzw. den Verein ins Leben zu rufen?

MAREN KOGGE:
Vielen Dank! Der neu gegründete gemeinnützige Verein „Buntes Handwerk e.V.“ ist mir sehr wichtig, weil ich Diversität als ein Geschenk sehe. Diskriminierung begegnet mir immer wieder auf der Baustelle: Sei es, dass Bauleiter mehr mit Praktikanten sprechen als mit mir oder dass nach einer „qualifizierten“ Fachkraft gefragt wird, obwohl ich bereits vor ihnen stehe. Mit „Buntes Handwerk e.V.“ wollen wir ein Zeichen setzen für Menschenrechte, Gleichberechtigung, Toleranz und eine freie Berufswahl. Unser erster großer Auftritt war auf dem Christopher Street Day 2023 in Köln, wo wir mit über 100 Handwerkenden aus verschiedenen Branchen präsent waren.

MEG: Wie erlebst Du als Frau in einer männerdominierten Branche die Zusammenarbeit mit Deinen Kollegen und wie hat sich die Situation für Frauen im Handwerk in den letzten Jahren verändert?

MAREN KOGGE:
Es ist definitiv herausfordernd, aber auch bereichernd. Als Frau im Handwerk wird man oft nicht sofort ernst genommen, was sich langsam ändert. Immer mehr Frauen finden ihren Weg in diese Branche und beweisen täglich, dass Leidenschaft und Können keine Geschlechtergrenzen kennen. Die Zusammenarbeit mit meinen Kollegen hat sich verbessert, je mehr Frauen in den Beruf einsteigen und ihren Platz behaupten.

MEG: Welche konkreten Maßnahmen ergreift der Verein „Buntes Handwerk e.V.“, um Solidarität, Toleranz, Gleichberechtigung und Menschenrechte im Handwerk zu fördern?

MAREN KOGGE:
Wir organisieren und unterstützen diverse Aktionen, wie unsere Teilnahme an diversen Prides in Deutschland: Zum Beispiel am 21. Juli in Köln, am 27. Juli in Berlin und am 3. August in Hamburg. Alle Handwerkenden sind herzlich dazu eingeladen, unsere Fußgruppe zu erweitern und für mehr Sichtbarkeit im Handwerk und gegen den Rechtsruck zu demonstrieren.

Zudem setzen wir uns für Aufklärungsarbeit ein, indem wir in Zukunft Workshops und Seminare zu Diversität und Toleranz im Handwerk und für Handwerksbetriebe anbieten wollen. Wir möchten zeigen, dass ein bunt gemischtes Team zu einem positiven Betriebsklima und neuen Perspektiven führt.

MEG: Welche Rolle spielt die Vielfalt im Handwerk Deiner Meinung nach für den wirtschaftlichen Erfolg von Betrieben und wie können Unternehmen diese Stärke gezielt nutzen?

MAREN KOGGE:
Vielfalt bringt frische Ideen und verschiedene Blickwinkel in ein Unternehmen, was Innovation und Kreativität fördert. Unternehmen können diese Stärke nutzen, indem sie bewusst diverse Teams zusammenstellen und ein inklusives Arbeitsumfeld schaffen, in dem sich alle Mitarbeitenden sicher und wertgeschätzt fühlen. Dies führt zu einem kreativeren Lösungsansatz bei Herausforderungen und verspricht eine um 30 % höhere Erfolgschance.

MEG: Inwiefern trägt der Verein „Buntes Handwerk e.V.“ dazu bei, Vorurteile gegenüber Frauen, Menschen mit Migrationshintergrund oder anderen Minderheiten im Handwerk abzubauen und ein inklusives Arbeitsumfeld zu schaffen?

MAREN KOGGE:
Durch unsere Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungen möchten wir Vorurteile abbauen und zeigen, dass das Handwerk für alle da ist. Unsere Aktionen und die Sichtbarkeit, die wir schaffen, sollen dazu beitragen, dass Diversität als Stärke wahrgenommen wird und nicht als Ausnahme. Solange die Qualität der Arbeit nicht leidet, ist es doch egal, welche Hautfarbe, welches Geschlecht oder welche körperlichen Voraussetzungen jemand hat. Neulich habe ich von einem einarmigen Maurer gehört, der als Prüfungsbester ausgezeichnet wurde. Du kannst Dir sicher sein, dass wir diesen jungen Herrn interviewen und zu unserem Netzwerk einladen werden. An solchen positiven Beispielen sollte sich das Handwerk orientieren und die Möglichkeiten dafür fördern.

MEG: Bist Du persönlich schon einmal Vorurteilen oder Diskriminierung im Berufsalltag begegnet und falls ja, wie bist Du damit umgegangen?

MAREN KOGGE:
Ja, das passiert leider immer wieder. Ich begegne solchen Situationen mit Souveränität und Selbstbewusstsein. Wenn jemand nach dem Chef fragt, antworte ich stolz: „Die Chefin steht vor Ihnen.“ Es ist wichtig, ruhig zu bleiben und klarzustellen, dass Kompetenz nichts mit dem Geschlecht zu tun hat.

MEG: Welche Herausforderungen siehst Du für Betriebe und Selbstständige im Handwerk, wenn es darum geht, ihre Türen für alle Menschen zu öffnen und Diversität aktiv zu fördern?

MAREN KOGGE:
Es braucht viel Aufklärungsarbeit und die Bereitschaft, alte Denkmuster zu überarbeiten. Diversitäts-Workshops können ein guter Anfang sein, um Mitarbeitende zu sensibilisieren. Es ist ein Prozess, aber ich bin überzeugt, dass wir langfristig ein offeneres und vielfältigeres Handwerk erschaffen können.

MEG: Als Miss Handwerk 2023 hast Du eine Vorbildfunktion für junge Frauen, die eine Karriere im Handwerk anstreben. Welchen Rat würdest Du ihnen mit auf den Weg geben, um sich in der Branche erfolgreich zu etablieren?

MAREN KOGGE:
Glaubt an euch selbst und lasst euch nicht von Vorurteilen entmutigen. Sucht euch Netzwerke und Mentoren, die euch unterstützen und bleibt neugierig und offen für Neues. Mit Leidenschaft und Durchhaltevermögen könnt ihr viel erreichen.

MEG: Der Verein „Buntes Handwerk e.V.“ umfasst Handwerkende aus den unterschiedlichsten Gewerken. Wie gelingt es Dir, diese verschiedenen Akteure zusammenzubringen und gemeinsam an einem Strang zu ziehen?

MAREN KOGGE:
Kommunikation und ein gemeinsames Ziel sind der Schlüssel. Wir organisieren regelmäßige Treffen und Veranstaltungen, bei denen wir uns austauschen und gemeinsam Projekte planen, wie zum Beispiel eine Soli- Baustelle für ein Hilfsprojekt für eine andere gemeinnützige Initiative. Es ist wichtig, dass alle die Vision teilen und sich für die gleichen Werte einsetzen. Mittlerweile umfasst unser aktives Netzwerk fast 100 Menschen, darunter nicht nur Handwerkende, sondern auch Allies, sogenannte Unterstützende, wie zum Beispiel Vertretende der Handwerkskammer Berlin und viele andere, die ein Zeichen setzen wollen. Auf unserem Instagram-Account buntes.handwerk bekommt man alle Infos zu unseren Projekten, auf der Website www.bunteshandwerk.de kann man sich in Kürze das Anmeldeformular zur Mitgliedschaft in unserem Verein downloaden. Denn seit wenigen Wochen sind wir ein gemeinnütziger eingetragener Verein, was mich und alle aus unserem Orga-Team unglaublich stolz macht.

MEG: Was sind Deine persönlichen Ziele und Visionen für die Zukunft von „Buntes Handwerk e.V.“?

MAREN KOGGE:
Ich möchte, dass „Buntes Handwerk e.V.“ weiterwächst und noch mehr Menschen erreicht. Langfristig wünsche ich mir, dass Diversität im Handwerk zur Normalität wird und dass wir ein Netzwerk schaffen, das allen Menschen im Handwerk eine Stimme gibt und sie unterstützt.

 

 

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